Die Suchmaschinenoptimierung ist für Online-Shops in der Regel die wichtigste Traffic-Quelle, wie Studien immer wieder belegen. Der Grund dafür liegt nicht zuletzt im Charakter der organischen Suche an sich: Die Suche nach einem bestimmten Produkt bestimmt den Kern des Käuferverhaltens. Doch mit der Weiterentwicklung von Googles Algorithmen haben sich auch die Rankingfaktoren für den E-Commerce verändert.

Die organische Suche bestimmt weiterhin den Traffic beim E-Commerce

Eine Studie unter anderem zum Anteil der organischen Suche am Traffic von Online-Shops brachte 2016 die Agentur Aufgesang heraus. Untersucht wurden die 199 umsatzstärksten deutschen Webshops. Die Umfrage verzeichnete bei den organischen Suchergebnissen am Traffic einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr von etwa einem Prozent. Der Anteil in den zwölf untersuchten Handelsbranchen machte mit 82,5 Prozent eindeutig den Löwenanteil der Traffic-Quellen aus. Auch die Universal-Search-Ergebnisse gewannen mit 10,1 statt 9,0 im Vorjahr als Traffic-Geber an Bedeutung. Ausnahmen bildeten die Medien- und die Arzneimittelbranche, die verstärkt mit AdWords arbeiteten.

Die Kleinen geraten beim SEO immer stärker unter Druck

Eine andere Studie, die von dem Handelsverband Deutschland und dem Institut für Handelsforschung (IFH) regelmäßig unter dem Titel “e-KIX” veröffentlicht wird, ergänzt das nicht ganz aktuelle Bild durch die Einschätzungen deutscher Online-Händler. Der e-KIX befragte 2016 400 Händler nach ihrer Meinung hinsichtlich der momentanen und zukünftigen Online-Umsätze für die nächsten 12 Monate. Die Befragten sahen für den angesprochenen Zeitraum leicht negative Umsatzentwicklungen. Für 59 Prozent der Shop-Betreiber lag der Grund dafür im steigenden Konkurrenzdruck durch andere Online-Händler, für 45 Prozent speziell die Konkurrenz durch Amazon und eBay. Wer mit seinem Online-Shop bestehen möchte, muss in seiner Suchmaschinenoptimierung gegen große finanzkräftige Player aus der eigenen Branche und gleichzeitig gegen die großen Marktplätze bestehen.

Die aktuelle Entwicklung der Suchmaschinenoptimierung

Die Suchmaschinenoptimierung ist immer wieder neuen Anforderungen ausgesetzt, die sich aus der regelmäßigen Weiterentwicklung von Googles Suchmaschine ergeben. Die jüngsten Entwicklungen der Rankingfaktoren könnten allerdings die Branche der Suchmaschinenoptimierer selber in ihren Grundfesten erschüttern. Ein anschauliches Bild dazu liefert die jährlich erscheinende Studie von Searchmetrics, die sich in ihrer letzten Ausgabe 2017 außerstande sah, die jeweiligen Anteile der Rankingfaktoren in ihrem Ausmaß genauer zu bestimmen. Googles Algorithmen werden offenbar mittlerweile integriert in ein Machine Learning, das Nutzerverhalten und Rankingfaktoren immer wieder gegenliest und neue Gewichtungen vornimmt. Das Ergebnis ist eine Art ganzheitliches Prinzip von SEO, das die Auswirkungen von Einzelaspekten kaum noch messen lässt. Einen deutlichen Gewinner dieser Entwicklung gibt es: Die Content-Produktion, die sich nunmehr weniger durch “oberflächliche” Keyword-Platzierungen auszeichnet als dadurch, dass das Thema einer Page holostisch in der Tiefe herausgearbeitet wird, außerdem das Informationsbedürfnis des einzelnen Nutzers befriedigen muss. Auch wenn vieles an dem Bild noch unklar und im Detail nicht immer überzeugend ist: Die Anforderungen an das SEO allgemein und damit auch an das SEO für Online-Shops haben sich mittlerweile verschoben.

Rankingfaktoren 2017 für den E-Commerce laut Searchmetrics

Die Anzahl der Rankingfaktoren soll sich – wie es heißt – auf über 200 belaufen. Von jeder dieser Faktoren gibt es – laut Aussage von Matt Cutts – jeweils über 50 Varianten. Hier sollen nur grundlegende Rankingfaktoren genannt werden:
  • Qualität und Quantität des Contents (holostisch und unique)
  • Content-Aktualisierungen
  • Vorkommen des jeweiligen Fokus-Keywords in Überschriften, Text, URL, Formaten, als Alt-Attribut und in der Meta-Description
  • Nutzerfreundlichkeit der Seite
  • Klickrate der Seite auf der Suchergebnisseite (SERP)
  • Verweildauer der Nutzer auf der Seite
  • Absprungrate
  • Responsive Design (mobile)
  • Menge und Qualität der Backlinks auf die Website
  • Social Signals (mindestens indirekt über den Traffic, umstritten)
  • Top Level Domain (TLD)
  Searchmetrics hat in diesem Jahr zwei branchenbezogene Studien zu Rankingfaktoren herausgegeben, eine davon zum E-Commerce. Hier finden sich im Vergleich zu den allgemeinen Faktoren folgende Gewichtungen:  
  • Überdurchschnittlich viele interne Links
  • möglichst wenige AdSense-Anzeigen
  • viele Bullet Points mit maximal 15 Bullets
  • kein Flash
  • wenige Signale von Facebook
  • Dateigrößen bis zu 50 Prozent größer als andere Seiten
  • Content-Darstellung auf einem Screen (above the fold)
  • interaktive Elemente (40 mehr als andere)
  • Wortanzahl 30 Prozent mehr als andere
  • Top Level Domain passend zum Publikum

Wie realistisch sind Searchmetrics Rankingsfaktoren für den E-Commerce?

Grundsätzlich leiden Studien zu Rankingfaktoren unter dem Verdacht, lediglich die Häufung von Merkmalen zu messen, ohne einen kausalen Zusammenhang wirklich belegen zu können. Wenn die Top-10-Seiten analysiert werden, werden eben alle möglichen Eigenschaften dieser Seiten gemessen, von denen manche auf alle dieser Seiten zutrifft. Ob diese Eigenschaften deshalb tatsächlich Rankingfaktoren sind oder welches Ausmaß sie tatsächlich haben, steht auf einem anderen Blatt. Die Rankingfaktoren, die Searchmetrics als E-Commerce-typisch herausstellt, sind jedenfalls folgende:


1. Überdurchschnittlich viele interne Links:

Die häufige Verwendung interner Links ist spätestens wegen der häufig praktizierten Empfehlungsfunktion an sich typisch für Shops. Empfehlungen kommen allerdings dem Kundeninteresse entgegen, sind insofern nutzerfreundlich und passen sich in Googles Bewertungsmuster positiv ein.


2. möglichst wenige AdSense-Anzeigen:

AdSense-Anzeigen verweisen auf Angebote außerhalb einer Seite, sind schlicht Werbung und passen insoweit wenig zu der Ideen, einen Shop nutzerfreundlich zu machen. Deshalb macht das Kriterium Sinn. AdSense-Anzeigen passen ja schon intuitiv nicht zu einem Shop.


3. viele Bullet Points mit maximal 15 Bullets:

Listen wie Bullet Points sind sehr gut dazu geeignet, eine Anzahl von Eigenschaften übersichtlich aufzulisten, die ein Produkt hat. Insofern sind sie nutzerfreundlich und passen in ein Ranking-Konzept für Webshops.


4. kein Flash

Flash gilt im Internet seit längerem als problematisches Format. Dass Google Seiten mit Flash negativ bewerten möchte, ist also nachvollziehbar.


5. wenige Signale von Facebook

Die Social Media und speziell Facebook haben in den letzten Jahren nicht die Rolle für den ECommerce gespielt, die viele sich erhofft hatten. Konzerne wie Procter & Gambler haben sich fast völlig aus ihrem Engagement bei Facebook zurückgezogen. Dass die Facebook-Aktivitäten eines Shops niedrig sind, hat also möglicherweise mehr mit dem fehlenden ROI als mit Rankingfaktoren zu tun.


6. Dateigrößen bis zu 50 Prozent größer als andere Seiten

Da Online-Shops ihre Produkte visuell präsentieren und zwar möglichst mit mehrere Bildern, ist Google wohl gezwungen, solchen Seiten gewissermaßen einen Dateigrößen-Aufschlag zu geben. Das müsste nicht zwangsläufig bedeuten, dass niedrige Dateigrößen nicht rankingfördernd wären.


7. Content-Darstellung auf einem Screen (above the fold)

Der gesamte Content auf einem Blick übersehbar: das ist sicherlich ein Ideal der Nutzerfreundlichkeit und würde als Rankingfaktor Sinn machen. Im Verein mit dem Tatsache, dass Google auf Webshops besonders lange Texte gerne sieht (siehe 9.), ergibt sich allerdings ein Gegensatz, der nur aufgelöst werden kann, wenn das Layout über Register oder ähnliche platzsparende Mittel arbeitet.


8. interaktive Elemente (40 mehr als andere):

Interaktive Elemente sind im E-Commerce von großer Bedeutung, wenn es um die Festlegung von Anzahl, Größe, Farbe und anderer Eigenschaften eines Produkts geht. Interaktive Elemente wie diese sind deshalb nutzerfreundlich und aus Googles Sicht dem Ranking förderlich.


9. Wortanzahl 30 Prozent mehr als andere:

Searchmetrics Studienausgabe 2016 hat als optimale Wortanzahl top-rankender Websites die Zahl 900 ausgegeben. US-amerikanische Studien haben sogar höhere Zahlen genannt. Wie eine Page, die eine einfache Schraube verkaufen will, einen Redakteur zu sogar 30 Prozent längeren Texten inspirieren soll, ist fraglich und macht eigentlich erst Sinn, wenn der Wert nicht auf die Produktseiten allein, sondern auf die Website insgesamt bezogen wird und im Zusammenhang etwa mit Ratgeberseiten gerechnet wird.


10. Top Level Domain passend zum Publikum:

Dass ein Online-Shop, der in einem bestimmten Land in einer bestimmten Sprache die entsprechende Top Level Domain (im deutschen Fall .de) aufweist, macht schon aus Gründen der Seitenarchitektur Sinn. Auch für die Kunden dürfte es einfacher sein, an Informationen über eine Seite zu gelangen. Der Zugewinn an technischer Handhabbarkeit und geschäftlicher Seriosität spricht für den Rankingfaktor.

Für die meisten von Searchmetrics genannten Faktoren macht es Sinn, sie zumindest als Spezialisierung der allgemeinen Rankingfaktoren zu sehen, wie etwa die größere Toleranz bei den Dateigrößen. Aufmerken lassen sollte allerdings die größere Wortanzahl, denn sie hätte für Shop-Betreiber sehr konkrete Konsequenzen.

Mehr Content für Online-Shops?

Falls die angegebene Wortanzahl in Searchmetrics E-Commerce-Studie mehr wiedergibt als eine Morphologie, müssten Shop-Betreiber nunmehr eine Wortanzahl von 1.200 als Optimum ansehen. Das Budget für Content-Produktionen müsste entsprechend ansteigen. Neben Steigerungen der Quantität wären aber auch bei der Contents-Qualität Verbesserungen zu erwarten. Hinsichtlich der Entwicklung neuer Features stößt eine solche Erwartung allerdings auf anders geartete Vorstellungen bei den Betreiber selber. Die Befragten im oben zitierten e-KIX jedenfalls sahen in der Entwicklung neuer Content-Feature keinen zukünftigen Umsatztreiber. Es ist also denkbar, dass der vor einiger Zeit von einigen Agenturen beschriebene neue Content-Commerce, der die Grenzen zwischen Shopping und Unterhaltung verwischen und zusätzlich Informationen und Hintergründe zu Produkten und Kampagnen liefern solle, eine Wunschvorstellung bleibt. Mit einer allgemeinen Vergrößerung der Wortanzahl in Online-Shops ist allerdings zu rechnen, und vor allem kleineren Shops ist zu raten, mit einzelnen Content-Ausweitungen zu testen, inwieweit sie ihren Nachteil gegenüber den großen Konkurrenten bei der allgemeinen Performance ausgleichen können.